Kommentar: Paket-Steuer für Online-Handel trifft die falschen

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Dieser Vorschlag kommt wirklich zur Unzeit: Am vergangenen Wochenende ließen Unionspolitiker durch Medien durchsickern, dass sie eine Extra-Steuer für Online-Händler einführen wollen. Das Ziel: Die Innenstädte stärken. Doch das ist zu kurz gedacht, findet unser Redakteur.
Menschen beim Einkaufen
Menschen beim EinkaufenBildquelle: unsplash

Den Online-Handel pauschal zu bestrafen und Pakete, die an die Kunden gehen je nach Höhe des Bestellwertes extra zu besteuern, ist eine von vielen Ideen, die Politiker besser für sich behalten hätten. Denn der Online-Handel ist mehr als nur Amazon und Zalando. Diese beiden Branchen-Riesen hat man wohl vor allem im Blick, wenn man das Ziel hat, den Internetversand wieder zurückzudrängen. Mit dem Geld einer solchen Paket-Steuer soll der Einzelhandel in der Innenstadt gestärkt werden, heißt es.

Auch lokale Händler würden von Paket-Steuer bestraft

Die Wahrheit ist jedoch eine andere. Denn längst sind viele stationäre Händler auch zu Online-Versendern geworden. Sei es, weil sie mehr Kunden als nur die Einwohner der eigenen Stadt oder der Nachbarschaft mit ihrem zum Teil einzigartigen Sortiment erreichen wollen. Oder sei es, weil sie von der Politik wegen der Corona-Krise nun schon zum zweiten Mal gezwungen wurden, ihre Läden zu schließen.

Genau diese Händler würde die Politik mit einer Abgabe für den Onlineversand ein zweites Mal bestrafen. Nach Angaben des Branchenverbandes für den deutschen Online-Handel sind es etwa 160.000 Unternehmen. Zwei Beispiele gefällig? Das Brühler Whiskyhaus hat ein gut sortiertes Whisky-Sortiment, berät vor Ort und lässt auch verkosten. Wer aber nicht in Brühl wohnt, kann online bestellen und so die ein oder andere Spezialität ergattern. Oder Hug & Grow. Der Laden in einer unscheinbaren Nebenstraße in Berlin hat sich auf ökologische und schadstofffreie Kinderkleidung und -schuhe spezialisiert. Diese gibt es nicht nur im Laden vor Ort, sondern auch per Online-Shop. Verschickt wird in beiden Fällen direkt aus dem Laden.

Nur die TOP 3 der Onlineshops mit einer Paket-Steuer zu belegen, dürfte nicht nur rechtlich heikel sein, sondern würde nach Angaben des Verbandes erneut die stationären Händler treffen. Denn die kleinen und mittelständischen Unternehmen nutzen oftmals gar nicht ihre eigene Webseite zum Absatz der Waren. Auch sie verkaufen über Seiten wie ebay, Amazon, Zalando oder real.de.

Stationärer Handel muss moderner werden

Das Problem, warum mehr und mehr Kunden das Internet bevorzugen, statt in die Innenstädte zu fahren, ist letztlich nicht über den Preis und damit auch nicht von einer Paket-Steuer zu lösen. Zu oft sind die Läden in der Innenstadt in der Zeit stehen geblieben.

Das beginnt bei veralteter und überteuerter Ware, die gerade kleine Technikläden immer wieder führen. Weiter geht es mit unübersichtlichen Sortimenten. Wer eine viertel Stunde im Laden braucht um festzustellen, dass die genau von ihm benötigte Variante eines Produktes gerade ausverkauft ist, nutzt diese Zeit das nächste Mal lieber für eine Onlinebestellung. Und hat noch zehn Minuten Zeit übrig – vom Weg in die Stadt ganz abgesehen.

Und last not least: Wer in den Handel geht, möchte in der Regel beraten werden. Dazu gehört aber mehr, als gefährliches Halbwissen. Wenn das Produkt dann doch nicht den Erwartungen des Kunden entspricht, bleibt dieser enttäuscht zurück. Denn im stationären Handel ist die Rückgabe von Artikeln reine Kulanz.

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