Der Bundesverband Breitbandkommunikation, kurz Breko, hat auf seiner Jahrestagung skizziert, wie man sich – auch aufgrund des unlängst vorgelegten Eckpunktepapiers des Bundesministeriums für Digitales (BMDS) – die Migration von DSL zu Glasfaser vorstellt. Diese DSL-Abschaltung – oder wie der Verband es nennt, das Upgrade auf die Glasfaser – wird sowohl die Branche als auch dich als Kunden in den nächsten Jahren beschäftigen. Denn so viel steht schon heute fest: Die Tage von DSL sind gezählt. Nur wie viele Tage es sein werden, das ist offen. Und das aus mehreren Gründen. Auch BMDS-Staatssekretär Dr. Markus Richter sieht das so. Er trat in Vertretung seines Ministers bei der Tagung auf und machte deutlich, dass es dem Ministerium um „regionale Migrationspfade“ geht statt um symbolische Stichtage. Ziel ist ein belastbares Netz, das schneller nutzbar wird – und ein Umstieg, der dort beginnt, wo Glasfaser wirklich startklar ist.
Regionale Migration statt bundesweiter Stichtag
Einen einheitlichen Termin, an dem überall das DSL-Licht ausgeht, lehnt Richter ab. „Ich halte ehrlich gesagt nichts von einem großen, deutschlandweiten, singulären Stichtag, an dem das Kupfer abgeschaltet wird.“ Regionen seien unterschiedlich weit, umgestellt werde dort, wo Glasfaser flächendeckend liegt und ausreichend Haushalte tatsächlich angeschlossen und aktiv sind. Das vermeidet ein „zu früh oder zu spät“ und erlaubt realistische, gebietsbezogene Übergänge. Die Zahlen geben ihm da recht: In Deutschland gibt es ein Nord-Süd-Gefälle bei der Versorgung mit Glasfaser.
Der Ausbau wurde lange an „Homes Passed“ gemessen. Hier liegt die Glasfaser nur vor dem, aber nicht im Haus, kann praktisch also auch nicht genutzt werden. Richter will die Logik drehen: „Homes Passed alleine reicht nicht. Es geht um Homes Connected.“ Das Ministerium baut dafür ein monatliches Lagebild mit mehr Datenpunkten auf, um schneller zu erkennen, wo Maßnahmen wirken und wo nachgesteuert werden muss. Entscheidend ist, dass Anschlüsse gebucht und genutzt werden – nur dann tragen Geschäftsmodelle und weitere Investitionen.
Management statt Symbolpolitik
Breko-Geschäftsführer Stephan Albers sieht im Eckpunktepapier des Ministeriums keinen politischen, sondern vor allem einen Management-Ansatz. „Es ist davon auszugehen, dass die gesamtwirtschaftlichen Vorteile einer Abschaltung des Kupfernetzes die betriebswirtschaftlichen Vorteile des Betreibers des Kupfernetzes überwiegen“, zitiert er den wohl wichtigsten Satz aus dem Eckpunktepapier.
Dafür, dass der Staat noch immer 30 Prozent an der Telekom hält, sei es ein überaus deutliches Statement, dass das zuständige Ministerium durch einen solchen Satz faktisch die DSL-Abschaltung begrüßt.
Investitionsanreiz für Wettbewerber
Für die Wettbewerber entscheidend ist, dass die Kupfernetze sowohl in Glasfaser-Ausbaugebieten der Deutschen Telekom als auch der Wettbewerber abgeschaltet werden sollen. Das sei der Investitionskatalysator für die nächsten fünf Jahre, weil Abschaltungen dann nicht nur dort stattfinden, wo die Telekom ausbaut, sondern überall, wo eine ausreichende Glasfaserflächendeckung erreicht ist.
Der Breko schlägt konkret vor, bei einer Versorgung von 85 Prozent Homes Passed den Prozess einzuleiten, der dann drei Jahre dauern soll. Am Ende der drei Jahre ist das Ziel, möglichst alle Kunden im Glasfasernetz zu haben und DSL abzuschalten. Albers drängt: „Papier ist geduldig. Darum muss dieses Konzept schnell umgesetzt werden. Wir könnten im Grunde morgen in Schleswig-Holstein anfangen.“
Nutzerverhalten als Schlüsselproblem
Die Glasfaser-Branche hat ein entscheidendes Problem. Sie vergräbt aktuell Milliarden, um die Netze auszubauen. Doch die Kunden buchen die Netze nicht. Albers nannte Zahlen aus der Marktanalyse des Verbandes: „Die Take-up-Rate liegt im Schnitt bei 27 Prozent. Wettbewerber kommen auf 34 Prozent, die Telekom auf 14 Prozent.“
Er erwartet, dass ein „Ich-auch“-Effekt die Quote in den nächsten zwei Jahren deutlich steigen lässt. Wenn der Nachbar mit Glasfaser zufrieden sei und die Vorteile erkenne, würden auch andere buchen.
Rechtliche Voraussetzungen und Zeithorizont
Wie es wirklich weitergeht mit der DSL-Abschaltung, das werden die kommenden Wochen zeigen. Ende dieser Woche endet eine Kommentierungsfrist für das Eckpunktepapier des Ministeriums, dann steht eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) an. Denn aktuell sieht das Gesetz vor, dass nur die Telekom einen Antrag stellen darf, ihr eigenes DSL-Netz abzuschalten. Das Bundesdigitalministerium aber will dieses Recht auch Mitbewerbern zugestehen. Zudem ist noch eine Änderung auf EU-Ebene notwendig.
Es wird also noch eine ganze Weile dauern, bis es wirklich zur DSL-Abschaltung kommt. In Regionen mit ausgebauten Glasfasernetzen wird DSL schrittweise verschwinden – nicht über Nacht, sondern dort, wo Anschlüsse bereitstehen und genutzt werden.
Fazit: Glasfaser ist das Ziel
Davon ausgehend, dass die EU-Änderung frühestens für 2028 zu erwarten ist, sind die ersten tatsächlichen Abschaltungen für 2031 zu erwarten. Dabei werden die Anbieter sehr kleinteilig, vermutlich in Gebietsgrößenordnungen von einigen hundert Haushalten, vorgehen.
Staatssekretär Richter machte beim Breko deutlich: „Wir wollen das beste Netz in Deutschland.“ Das sei die Glasfaser. Von einem technologieneutralen Breitbandziel hat sich die aktuelle Bundesregierung verabschiedet.
