Glasfaser im Treppenhaus: Gravierende Änderung geplant

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Mehr Glasfaser bis in die Wohnung – und ein neues Recht auf Vollausbau: Das Bundesministerium für Digitales will die Grundlagen für den Ausbau mit Glasfaser ändern. Erste Details sind jetzt bekannt geworden.
Speedpipes für Glasfaser vor einem Haus

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Eigentlich sollte bis 2030 jeder in Deutschland Zugang zu einer Glasfaserleitung haben. Aber wir kennen es: „eigentlich“ und „sollte“ sind die beiden entscheidenden Wörter dabei. Zu viele Hemmschuhe gab und gibt es beim Glasfaserausbau – fairerweise aber auch bei der Nachfrage. Die neue Bundesregierung will das nun angehen und hat – auch deswegen – ein eigenes Bundesministerium für Digitales (BMDS) aufgebaut. Dieses hat jetzt ein Eckpunktepapier zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vorgelegt. Teile dieses Papiers beschäftigen sich mit der letzten Meile beim Glasfaser, nämlich dem Netz im Treppenhaus von Mehrfamilienhäusern. Dabei geht es fachlich gesprochen um die Netzebene 4 (NE4). Aber auch der eigentliche Ausbau bis in die Häuser soll vorangetrieben werden. Ziel ist ein offener Zugang für Endnutzer, mehr Investitionsanreize für ausbauwillige Anbieter und eine bessere rechtliche Balance zwischen Eigentümern und Telekommunikationsunternehmen.

Glasfaser-Bereitstellungsentgelt: Müssen Mieter mehr zahlen?

Im Zentrum steht das sogenannte Glasfaserbereitstellungsentgelt. Das ist ein Entgelt, das die Eigentümer von Gebäuden als Umlage auf die Betriebskosten erheben dürfen, wenn sie selbst eine gebäudeinterne Glasfaserinfrastruktur errichten (z. B. bei einer Modernisierung). Dieses Entgelt ist bislang auf maximal 540 Euro pro Wohneinheit begrenzt. Künftig könnten bis zu 960 Euro brutto erlaubt sein – etwa durch eine Verlängerung des Umlagezeitraums.

Das BMDS erhofft sich davon mehr Investitionen in die NE4, räumt aber ein, dass dies auch eine stärkere Belastung der Mieter bedeuten kann. Für Neubauten wiederum wird erwogen, das Entgelt gänzlich auszuschließen, um Doppelfinanzierungen durch Mieter zu verhindern. Schließlich müssen hier ohnehin Leitungen im Rahmen des Baus verlegt werden.

Zudem soll ein Zugangsentgelt in Höhe von 60 Euro netto eingeführt werden, wenn ein weiterer Anbieter Zugang zur Glasfaserinfrastruktur eines Gebäudes erhält. Dieses Entgelt wäre nicht umlagefähig, soll aber die tatsächlichen Aufwände bei der Öffnung der Infrastruktur abdecken und so mehr Planungssicherheit für Eigentümer und Anbieter schaffen.

Recht auf Vollausbau durch Glasfaseranbieter

Ein besonders weitreichender Vorschlag betrifft den „Wohnungsstich“ durch die Glasfaseranbieter: Bisher dürfen diese meist nur die Wohnungen anschließen, mit denen ein Vertrag vorliegt. Dieses sogenannte Single-Line-Verfahren gilt als nicht nachhaltig, da beim nächsten Kunden, der Glasfaser bestellt, erneut ein Ausbau erfolgen muss. Künftig soll ein Glasfaseranbieter unter bestimmten Voraussetzungen alle Wohneinheiten eines Hauses mit Glasfaser erschließen dürfen. Bedingung ist, dass entweder ein Kundenvertrag besteht oder das Gebäude bereits an das Netz des Unternehmens angeschlossen ist. Eigentümer könnten diesen sogenannten Vollausbau dann nur noch mit sachlichen Gründen verweigern. Alternativ hätten sie die Möglichkeit, den Ausbau selbst oder durch ein anderes Unternehmen innerhalb einer Frist (z. B. neun Monate) durchzuführen.

Auch bei der Mitnutzung der NE4-Infrastruktur gibt es neue Vorschläge. So soll künftig ein Zugangsrecht zu einer freien Glasfaser in jede Wohnung gelten – unabhängig von einem bestehenden Endkundenvertrag. Wenn jedoch alle Fasern belegt sind, bleibt der Zugang beschränkt auf Nutzer mit Vertrag. Die Verkabelung im Treppenhaus stellte sich zuletzt innerhalb der Branche als eklatantes Problem dar.

Um Missbrauch auf dieser letzten Netzebene zu verhindern, denkt das Ministerium über zusätzliche Transparenzpflichten nach: etwa standardisierte Zugangskonditionen oder pauschale Entgelte nach Gebäudeklassen – festgelegt durch die Bundesnetzagentur.

Zugleich prüft das BMDS ein befristetes Zugangsverweigerungsrecht für den Erstinvestor – etwa für zwei Jahre. So soll der Ausbau wirtschaftlich tragfähig bleiben, ohne dass andere Anbieter sofort auf die Infrastruktur zugreifen können. Das hieße beispielsweise, dass ein privater Anbieter keine Chance hätte, die Glasfaserkabel der Telekom im Treppenhaus mitzunutzen, wenn er sein Netz in der Straße parallel ausbaut. Umgekehrt gilt das Gleiche.

Ausbau auf der Straße soll einfacher werden

Auch der Ausbau im öffentlichen Straßenraum soll einfacher werden. Das BMDS plant, neben dem bisherigen Genehmigungsverfahren ein Anzeigeverfahren einzuführen: Tiefbauunternehmen mit Fachkundenachweis könnten dann Bauvorhaben bei der Kommune nur noch anzeigen, statt eine Genehmigung abzuwarten. Reagiert die Behörde binnen zwei Monaten nicht, gilt das Vorhaben als genehmigt. Zusätzlich will das Ministerium kleinere Maßnahmen – etwa Hausanschlüsse oder kurze Bauzeiten – grundsätzlich von der Genehmigungspflicht befreien und stattdessen nur noch anzeigen lassen. Ziel ist es, langwierige Verfahren zu verkürzen und den Netzausbau deutlich zu beschleunigen.

Einschätzung: Vorschläge sind ein Paradigmenwechsel

Die Vorschläge des BMDS markieren einen Paradigmenwechsel: weg von restriktiven Einzelfalllösungen hin zu einem offeneren, klarer regulierten Zugang zur Inhouse-Verkabelung. Der Fokus liegt auf mehr Wettbewerb, besserem Ausbau und Nutzerfreundlichkeit – und auf rechtlich eindeutigen Rahmenbedingungen für Eigentümer wie Anbieter. Der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) steht den Plänen grundsätzlich offen gegenüber. Er vertritt einen Großteil der privaten Glasfaseranbieter in Deutschland. Hauptstadtbüroleiter Sven Knapp sagte in einer ersten Stellungnahme: „Die vorgesehenen Maßnahmen zur Erleichterung des Glasfaserausbaus in Mehrfamilienhäusern gehen grundsätzlich in die richtige Richtung. Entscheidend ist dabei, dass die bewährte Kooperation zwischen Gebäudeeigentümern und Netzbetreibern nicht unterlaufen und ein strategischer Doppelausbau von Glasfasernetzen in den Gebäuden verhindert wird.“

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