Es wirkt, als laufen da in Cupertino ein paar Dinge nicht wie gewünscht. Ich habe mir zu den neuen Produkten, zum Apple-Event und zur Strategie des Unternehmens ein paar Gedanken gemacht und frage mich:
Hat Apple sein Mojo verloren?
Ich mag Apple. Das erwähne ich direkt zu Beginn, weil ich – abgesehen von einem iPod irgendwann in den Nullerjahren – nie Apple-Devices genutzt habe und trotzdem bewundere, was dieses Unternehmen kontinuierlich auf die Beine stellt. Hier spricht also nicht ein Apple-Hater, sondern jemand, der schon sehr lange über Technik schreibt und dem in schöner Regelmäßigkeit angesichts von beeindruckenden Apple-Produkten die Kinnlade runter klappte.
- Apple iPhone 16 und 16 Pro: Zur Vorstellung der neuen Smartphones
Und jetzt stehe ich hier – einige Tage nach dem Apple-Event mit der iPhone-16-Vorstellung und kurz, bevor die neuen Modelle ausgeliefert werden – und verarbeite immer noch, was ich da am 09. September via Livestream sehen musste. Es gibt immer mal Launch-Events aus Cupertino, bei denen man mal mehr und mal weniger begeistert ist. Aber dieses Mal war es irgendwie anders und meine Gedanken dazu möchte ich jetzt mit dir austauschen und sehr gerne Eure Ideen dazu hören. Also, ab dafür!
Software | iOS 18 |
Prozessor | Apple A18 Pro |
Display | 6,3 Zoll, 1.206 x 2.622 Pixel |
Arbeitsspeicher | 8 GB |
interner Speicher | 128 GB, 256 GB, 512 GB, 1000 GB |
Hauptkamera | 8000×6000 (48,0 Megapixel) |
Akku | 3.582 mAh |
induktives Laden | |
USB-Port | 3.2 Typ C |
IP-Zertifizierung | IP68 (Schutz gegen Untertauchen) |
Gewicht | 199 g |
Farbe | Gold, Greige, Schwarz, Weiß |
Einführungspreis | iPhone 16 Pro (8/128 GB): 1199 €, iPhone 16 Pro (8/256 GB): 1329 €, iPhone 16 Pro (8/512 GB): 1579 €, iPhone 16 Pro (8/1000 GB): 1829 € |
Marktstart | September 2024 |
Die neue Hardware des iPhone 16 (Pro)
Ich habe die Vorstellung der neuen iPhones ambivalent wahrgenommen. Es waren einige coole Neuerungen für die verschiedenen Geräte dabei. Es gab aber auch ein paar Punkte, die ich nicht nachvollziehen kann. Zunächst mal hat Apple allen Modellen die neue „Camera Control“ verpasst. Ich hätte im Vorfeld schwören können, dass Apple den Button nur auf die Pro-Modelle bringt und bei den Basis-Geräten im nächsten Jahr nachzieht. Damit kommen die Käufer:innen beim iPhone 16 (Plus) gegenüber dem Vorjahr in den Genuss von gleich zwei neuen Bedienelementen, denn der Action-Button ist ja jetzt auch am Start.
Außerdem gab es bei den Basismodellen einen Sprung beim Prozessor, eine verbesserte Kamera, angeblich eine bessere Akkulaufzeit und natürlich die Ankündigung von Apple Intelligence. Klingt also nach einem soliden Update, oder? Ja, eigentlich schon, aber irgendwie fühlt es sich halt doch nicht so rund an, je mehr ich darüber nachdenke.
128 GB für 1.000 Euro sind zu wenig
Ist das wirklich okay, im Jahr 2024 ein Handy anzubieten, das für 949 Euro (oder sogar 1.099 Euro beim Plus) nur 128 GB Speicher mitbringt und Bilder lediglich mit 60 Hz wiederholt? Unternehmen wie Xiaomi bauen Smartphones für unter 300 Euro, die das besser hinbekommen. Klar, ich kapiere das, dass Apple lieber Pro-Modelle verkaufen möchte und deshalb beide Produktreihen ein wenig voneinander abgrenzen muss. Aber ernsthaft? 60 Hertz?
Wieso packe ich einen bärenstarken A18-Chipsatz ins Gerät, mit dem ich die geilsten Spiele zocken kann, die dann aber circa so butterweich wie ein Daumenkino angezeigt werden? Und wie viele von den tollen hochauflösenden Videos kann ich filmen, bis der 128-GB-Speicher bis unters Dach voll ist?
Software | iOS 18 |
Prozessor | Apple A18 |
Display | 6,1 Zoll, 1.179 x 2.556 Pixel |
Arbeitsspeicher | 8 GB |
interner Speicher | 512 GB, 256 GB, 128 GB |
Hauptkamera | 8000×6000 (48,0 Megapixel) |
Akku | 3.561 mAh |
induktives Laden | |
USB-Port | 2.0 Typ C |
IP-Zertifizierung | IP68 (Schutz gegen Untertauchen) |
Gewicht | 170 g |
Farbe | Schwarz, Weiß, Blau, Pink, Grün |
Einführungspreis | iPhone 16 (8/512 GB): 1329 €, iPhone 16 (8/256 GB): 1079 €, iPhone 16 (8/128 GB): 949 € |
Marktstart | September 2024 |
Und da wir eben darüber geredet haben, wie sich Basis- und Pro-Modelle voneinander unterscheiden: Erstmals seit Jahren ist der Arbeitsspeicher mit 8 GB RAM bei allen vier Modellen identisch groß. Camera Control – erwähnte ich bereits – ist auch direkt für alle vier Geräte am Start und auch Wi-Fi 7 wird von allen vier Smartphones unterstützt.
Was macht den Unterschied?
Also ich kapiere die Idee nicht ganz: Wie entscheidet Apple, bei welchen Bauteilen und Funktionen der Unterschied gemacht wird? Und auch, wenn das vermutlich nicht wichtig für Eure Kaufentscheidung ist: Wieso steckt Apple immer noch bei Bluetooth 5.3 fest seit dem iPhone 14 Pro? Ach, und was ist mit USB? Wieso erneut nur das 24 Jahre alte USB 2.0 bei den Basismodellen und USB 3 lediglich fürs Pro? Ist das wirklich der richtige Punkt, an dem man die Grenze zwischen Standard und Pro zieht, Apple? Ich lasse die Frage hier offen, aber es gibt zumindest erste Stimmen, die verlauten lassen, dass auch die Käufer:innen sich zumindest derzeit noch schwertun mit dem Kauf der neuen Pro-Modelle.
Ein Wort noch zu Camera Control, vielleicht eher an diejenigen gerichtet, die mit dem iPhone regelmäßig fotografieren und sich auf dieses neue Trackpad-artige Bedienelement freuen: Wird die Bedienung wirklich so dramatisch besser, wenn ich die Einstellungen dort vornehme statt auf dem Display? Ich sehe ehrlich gesagt den Punkt noch nicht ganz. Zumal ich diverse Hands-ons gesehen habe, bei denen leise Kritik geäußert wird, dass die Platzierung des Buttons sowohl in Porträt- als auch Landscape-Ausrichtung etwas unglücklich ist.
Apple Intelligence kommt … in Etappen
Aber kommen wir jetzt zum riesigen KI-Elefanten im Raum: Ja, Apple Intelligence kommt. Es kommt später, es kommt erst einmal nur in den USA und es kommt kleckerweise – aber es kommt. Apple hat beim Launch-Event ziemlich viel Zeit damit verbracht, uns die KI-Funktionen näherzubringen. Das ist auch okay so, denn unabhängig von allen Hardware-Änderungen ist Apple Intelligence fraglos das Spannendste, was Apple dieses Jahr aus dem Hut gezaubert hat.
Für alle Nicht-Amerikaner gab es aber auch direkt die kalte Dusche: Nee, Apple Intelligence kommt dieses Jahr nicht auf dein brandneues Handy, wenn du nicht in den USA wohnst. Apple Intelligence kommt nicht einmal in den USA direkt zum Start, sondern bekanntlich erst mit iOS 18.1 – und dann auch nur in einer Beta-Version und auch nur mit wenigen Features.
Dort werden wir also Apple Intelligence zum Beispiel mit den Writing Tools sehen, oder die Aufräum-Funktion für deine Fotos. Die meisten anderen ausführlich angepriesenen Features kommen aber mit späteren Updates und damit auch in den USA frühestens zum Jahresende, einiges sogar erst im Jahr 2025. Das gilt übrigens auch für Siri. Ja, Siri erhält den neuen fancy Look, aber diese ganzen KI-Tricks lernt Siri erst mit einem späteren Update.
Es passiert was – aber nicht hier
Aber immerhin passiert was in den Vereinigten Staaten. Apple bestätigte beim Event, dass andere englischsprechende Apple-Fans zumindest zum Jahresende mit Apple Intelligence rechnen dürfen. Also beispielsweise im Vereinigten Königreich, in Kanada und Australien. Weitere Sprachen wie Französisch, Spanisch, Chinesisch und Japanisch wurden für 2025 angekündigt. Jetzt erst legte Apple nach und versprach uns auch Support für die deutsche Sprache im kommenden Jahr.
Das ist zwar bescheuert, weil es bedeutet, dass wir möglicherweise noch ein Jahr auf diese weiteren Sprachen warten müssen. Noch blöder ist aber, dass wir gar keine Garantie haben, dass die französischen, spanischen und deutschen Versionen auch in der EU verfügbar sein werden. Wie so oft legt sich Apple auch bei Apple Intelligence wieder mit der EU an. Und so besteht die Möglichkeit, dass diese Sprachen zwar unterstützt werden, aber nur in Ländern, die diese Sprachen außerhalb der EU sprechen.
Ich war bei der WWDC unfassbar euphorisch bezüglich Apple Intelligence. Weil das so durchdacht wirkte, mit so viel Fokus auf Privatsphäre. Ein paar Monate später sehe ich mit einem anderen Blick auf dieses wichtigste Feature. Es kommt zu spät, es kommt als Beta, es kommt tröpfchenweise aufs iPhone und es kommt nur für bestimmte iPhone-Nutzer:innen.
Ein Rückblick aufs Apple-Event – was war da los, Apple?
Ja, Ihr merkt es: Ich habe mich gerade in eine richtig miese Stimmung gequatscht. Genau der richtige Zeitpunkt, um noch einmal aufs iPhone-Event als ganzes zu schauen. Was haben wir bis jetzt? Ein iPhone 16 mit einem okayen Update, bei dem sich mir aber dennoch einige Fragen stellen und Apple Intelligence mit all seinen Kritikpunkten und offenen Fragen.
Aber wenn ich erst einmal in Meckerstimmung bin, meckere ich auch weiter. Wieso zeigt man mir AirPods Max, die auf demselben technischen Stand sind wie vor vier Jahren und deren einziges Update ein USB-Anschluss und fancy neue Farben sind? Wenn Tim Cook von so vielen neuen Produkten spricht und mir dann eigentlich uralte Kopfhörer inklusive uraltem, technisch überholten H1-Chip präsentiert werden, fühle ich mich gelinde gesagt verarscht. Nicht vergessen: Die Biester kosten immer noch schlappe 579 Euro! Selbst die günstigsten neuen AirPods – die AirPods 4 ohne ANC für 149 Euro – haben einen besseren Chip verbaut als dieses Premiumprodukt.
Alte Kopfhörer und Apple Watches ohne Esprit
Bei den AirPods 4 hat sich übrigens die Akkulaufzeit spürbar verschlechtert. Das hat Apple beim Event natürlich ebenso wenig kommuniziert wie die Tatsache, dass man jetzt beim Lieferumfang auch erstmals das Kabel weglässt. Ja, Apple ist immer schon nicht nur der König der Produktankündigungen gewesen, sondern auch ungeschlagen bei den Informationen, die man sicherheitshalber weglässt. Ach, apropos Weglassen: Dass es die verhassten Fine-Woven-Hüllen nicht mehr gibt, habt Ihr mitbekommen, oder?
Egal, weiter im Text: Apple zeigt auch neue Uhren mit der Apple Watch 10 – und jubelt uns mit der Apple Watch Ultra 2 auch hier wieder eine olle Kamelle unter. Soll heißen, dass wir zwar eine brandneue Apple-Smartwatch präsentiert bekommen, das Flaggschiff aber stagniert. Das irritiert mich aus mehreren Gründen. Einmal finde ich es ziemlich cringe, dass uns da über sechs Minuten lang tolle Funktionen der Apple Watch Ultra ins Gedächtnis gerufen werden, bevor es dann heißt: „Ätsch, kein neues Modell, aber hier – die Apple Watch Ultra 2 gibt’s jetzt auch in Schwarz und mit neuem Armband.“
Das „Ultra“ ist nicht mehr ultra
Das ist Marketing-technisch unverschämt, finde ich. Aber ein anderer Punkt stört mich noch mehr daran. Die Apple Watch Ultra hat ihren Namen ja nicht zum Spaß! „Ultra“ bedeutet für mich so viel wie: Ihr bekommt hier all das, was Ihr von unserem Produkt eh schon kennt und liebt – und wir packen noch was oben drauf und machen es nochmals besser! Und da stehen wir jetzt – mit einer „alten“ Ultra-Watch und einer regulären Watch 10. Und die hat das hellere, bessere, größere Display hat und den neueren Prozessor. So funktioniert das irgendwie nicht, Apple!
Übers ganze Event mag ich ehrlich gesagt gar nicht mehr so viele Worte verlieren, aber diese ganze „significant updates across the entire lineup“-Attitüde geht mir echt auf den Sack. Nein, Apple – eine neue Farbe und ein USB-Anschluss und ein neues Armband sind keine signifikanten Updates, meine Fresse! Ja, Ihr müsst in der Keynote auf den Putz hauen, wollt begeistern und mit Superlativen um euch werfen, aber Ihr müsst uns echt nicht verarschen in der Hoffnung, dass wir nicht kapieren, was da gerade passiert.
Hat Apple sein Mojo verloren?
… und das bringt mich zum letzten Punkt: Hat Apple möglicherweise seinen Glanz und seine Magie verloren oder gar sein Mojo? Was unterscheidet Apple heute noch von allen anderen Smartphone- oder generell Tech-Companies da draußen? Ja, ich denke wirklich, dass niemand, der sich ein neues iPhone, eine neue Watch oder neue AirPods kauft, ein schwaches oder auch nur durchschnittliches Produkt erhält. Es ist immer noch feinste Premium-Ware, die da aus Cupertino kommt.
Aber diese Premium-Produkte bauen die anderen längst doch auch. Ich verstehe einfach nicht, wo Apple hinwill. Ich mag die Präsentationen, aber dieses Mal saß ich ziemlich ratlos davor. Und ich verstehe gewisse Hardware-Entscheidungen nicht, ich verstehe die Kommunikation und Art der Präsentation langsam nicht mehr und ich verstehe nicht, was da mit Apple Intelligence los ist.
Apple, das ist immer ein Versprechen. Hier bekommt Ihr das Beste und Ihr bekommt es nirgends besser präsentiert und nirgends funktioniert es so intuitiv und unkompliziert. Apple bedeutet, dass eine neue Software mit den neuen Produkten ofenfrisch auf die Geräte kommt. Und jetzt schaue ich auf dieses heillose Durcheinander. Die wichtigste neue Funktion kommt einen Monat später erst auf erste iPhones. Dann auch nur als Beta, dazu lückenhaft und nur für die USA. Da machen gerade ganz viele Leute ein richtig langes Gesicht. Und das ist dabei vielleicht der wichtigste Punkt: Es geht hier nicht um meine Meinung als jemand, der dir eingangs ja verriet, dass er die Apple-Produkte sowieso nicht nutzt.
Sogar Fanboys sind enttäuscht
Stattdessen geht es um meine Beobachtungen. Klar, anekdotische Beweise taugen oft nicht viel. Aber dennoch bin ich über so viele Artikel und Videos von Menschen gestoßen, die Apple lieben und dennoch schlicht unterwältigt sind von dem, was Apple da am 9. September präsentierte. Das „Besondere“ ist weg, zumindest für mein Empfinden und für den Augenblick. Stand jetzt schaue ich auf Apple und sehe einfach nur noch ein weiteres Tech-Unternehmen anstelle des Tech-Wunderlands, auf das ich sonst blickte.
Wird Apple so sehr von Unternehmen wie OpenAI und Google bei der KI vor sich hergetrieben, dass Apple nicht anders konnte als ein halbfertiges Produkt vorzustellen? Ist dieses ganze KI-Thema für Apple so wichtig, dass darunter andere Produkte in anderen Sparten gerade nur sehr stiefmütterlich behandelt werden?
Oder – und da kommst du ins Spiel – mache ich hier lediglich aus einer Mücke einen Elefanten und blicke viel zu negativ auf all das? Schreib mir gerne in die Kommentare, was du denkt, aber vergess bitte nicht: Seid nett – ich bin kein Apple-Fanboy, aber eben ganz sicher auch kein Hater.